Neulich beim Rollenspiel

Wissenschaftliches Tagebuch von Aiden Cottlestone, Terdi, 4. Secundus 1668

Was für ein Tag! Ein Glück, dass ich mit dem Leben davongekommen bin! Und welche große Aufgabe nun vor mir liegt!

Gestern Nacht bin ich zusammen mit dem Comte de la Roque, Grégoir und Gregor zunächst Opfer eines heimtückischen Überfalls geworden! Auf dem Heimweg nach einer äußerst angenehmen Nacht im Bobinard standen uns plötzlich 13 vermummte Gestalten gegenüber, die ohne zu zögern zum Angriff übergingen. Zwar konnten wir sie zurückschlagen, doch war uns klar, dass es sich nicht um Straßenräuber handeln konnte: Zu teuer die Schuhe, zu gut gearbeitet die Degen! Ich musste mit einer Degenspitze Bekanntschaft machen, die sich in meine Schulter zu Bohren beliebte. Theus' sei Dank ist mir nichts Übleres zugestoßen, die Wunde konnte schnell von einem Arzt versorgt werden. Doch wer wollte uns nur tot sehen, wem haben wir etwas zuleide getan?

Voller Sorge eilten wir nach dem Angriff heimwärts, nur um dort festzustellen, dass zeitgleich zu dem feigen Anschlag Claire aus dem Stadtpalais entführt worden war! Welch eine Aufregung war das! Natürlich wurden die Musketiere verständigt und alles im Hause von den Dienern des Comte wieder hergerichtet - aber doch blieb uns fürs Erste nichts übrig, als auf ein Schreiben der Entführer zu warten.

So seltsam das klingt, aber den Tag selbst habe ich unabhängig des Schreckens der Nacht und angesichts der Tatsache, dass wir Abwarten mussten, dazu genutzt, das Traktat an Dr. Jorgenson zu übergeben und mich mit ihm über die Tunnelsysteme syrnethischen Ursprungs zu unterhalten, welche überall unterhalb Charouses liegen und einerseits wissenschaftlich kaum erfasst sind, andererseits aber hunderten, wenn nicht tausenden Menschen eine Heimstatt bieten. Eine faszinierende, gefährliche Welt, die ich bei nächster Gelegenheit zu erforschen gedenke. Da würden Herren wie Farnsworth staunen, wenn ich mit der ersten genauen Karte der Höhlen nach Carleon zurückkehrte! Fürs Erste musste ich mich jedoch auf die Theorie beschränken, da die Zeit drängte und ich zum Comte zurückkehren musste - dieser schien fast an eine Art schicksalhafte Bindung zwischen ihm, mir und den beiden Gregs zu glauben, sodass er nicht auf unsere Unterstützung verzichten wollte.

Tatsächlich fand ich ihn mit den beiden in seinem Arbeitszimmer, wo ein Erpresserschreiben zusammen mit einer blutigen (!) Locke Claires eingegangen war. Oh, hätte ich doch zu diesem Zeitpunkt bereits an die Porté-Magie gedacht! Die Übeltäter forderten 1000 Sol vom Comte, die dieser auch zu zahlen bereit war. Nach einigem Beratschlagen vereinbarten wird, dass wir gemeinsam zu der verlassenen Kirche, die in dem Schreiben als Übergabeort benannt worden war, fahren wollten. Dort sollte zunächst Claire gerettet, danach den Schurken der Garaus gemacht werden. Gesagt, getan. Der Comte verstaute Brief und Locke in seinem fensterlosen, mit dicken Türen versehenen Arbeitszimmer, von wo er auch zwei schwere Säcke mit je 500 Sol herbeischaffte. Jaja, die Magie! Hätte ich doch nur…

Wir fuhren mit einer Kutsche zu der Kirche und trafen dort auf drei Halunken, die uns Claire im Austausch gegen die Goldstücke übergaben. Nachdem wir die Sicherheit des Comtes und seiner Enkelin sichergestellt hatten, kehrten die Gregs und ich zur Kirche zurück, um die Verbrecher zur Rede (oder Schlimmerem) zu stellen. Während Grégoir auf die Dächer schlich, wo er einen vermeintlichen Komplizen der Strauchdiebe ausgemacht hatte, warteten Gregor und ich in einer Hausecke mit Blick auf die Kirche. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen! Wenn nun die Entführer der Magie mächtig waren, wäre es ihnen ein Leichtes, mitsamt der Beute zu entkommen ohne die Kirche zu verlassen! Das aber galt es zu verhindern! Schnell!

Diese Erkenntnis duldete keinen Aufschub. Nachdem ich mich Gregor gegenüber verpflichtet hatte, es "auf seine Art" zu tun, war er bereit, mich bei der unverzüglichen Erstürmung der Kirche zu unterstützen - auf Grégoir konnten wir nicht warten. Gesagt, getan. Ich möchte nicht zu viele Worte über den üblen Kampf mit Pistolen und einer bluttriefenden Axt berichten, der auf einstmals geweihtem Boden erfolgte, aber wir waren siegreich. Es ist dennoch nahezu ein Wunder, dass Gregor, der direkt in die Salven der Verbrecher hineinlief, mit nur einer schweren Wunde, ansonsten aber unverletzt aus dem Hause Theus' herauskam.

Wir kehrten zum Comte zurück, der zunächst erfreut ob unserer erfolgreichen Rettungsaktion war. Dann aber berichtete Grégoire, dass er auf dem Dach eine kleine Blutspur gefunden hätte und da fiel es dem Comte - ebenfalls ein Porté-Zauberer - und mir gleichzeitig wie Schuppen von den Augen. Die ganze Entführung war nur ein Ablenkungsmanöver gewesen!

Claire war nämlich kein Haar gekrümmt worden, die blutige Locke diente nur dem Magier auf dem Dach, der uns die ganze Zeit beobachtet hatte, als Schlüssel, um in den geheimen Arbeitsraum des Comte de la Roque eindringen zu können! Obwohl wir wie der Wind zurück zum Stadtpalais eilten, war es zu spät! Zwar waren alle Türen unangetastet, aber nach einer kurzen Überprüfung eröffnete uns der Comte, dass der einzige Gegenstand von Wert in seinem Haus gestohlen worden war! Überflüssig zu erwähnen, das es sich angesichts des Prunks und der luxuriösen Ausstattung des Hauses - ganz abgesehen von den 1000 Sol, die neben uns lagen - um einen WIRKLICH WERTVOLLEN Gegenstand handeln musste!

Dann offenbarte uns der Comte sein Geheimnis: Er ist der Hüter eines Syrne-Artefaktes (gewesen), dessen Diebstahl nicht nur ihn und seine Familie, sondern ganz Montaigne in Gefahr bringt! Mehr werde ich berichten, sobald uns der Comte mehr erzählt hat. Eines steht aber fest: Ich - oder vielmehr wir - werden das Artefakt wiederbeschaffen müssen! Gleichzeitig gilt es zu verhindern, dass Farnsworth von der Sache erfährt, aber darüber mache ich mir noch keine Gdanken…


Sprüche und Übersicht unserer Rollenspiel-Runden
Homepage Stefan Bohnsack, 2008