Neulich beim Rollenspiel

Wissenschaftliches Tagebuch von Aiden Cottlestone, Guerdi, 27. Secundus 1668

Wir haben den armen Planchet bisher nicht aus den gierigen Klauen des Admirals befreien können, vermuten aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass er im Landsitz de Pélletiers festgehalten wird und verhört, wenn nicht gar gefoltert werden soll. Das Letzte, was wir in Crieux erfuhren war, dass Planchet per Schiff aus der Stadt gebracht wurde. Ich musste einen fetten "Fisch füttern", um diese Nachrichten zu erhalten. Ebenfalls etwas gekostet hat das Klarmachen eines alten, klapprigen, aber recht schnellen Kutters, mit der wir fluchs die Verfolgung der Entführer aufgenommen haben. Nur der arme Jesús musste aufgrund seiner Verletzungen in Charousse bleiben und hat hoffentlich den Comte über alle Begebenheiten in Kenntnis gesetzt.

Leider erlag die Besatzung des Kutters dem – unter Seeleuten in diesen Zeiten weit verbreiteten – Drang, die Passagiere lieber zu töten, anstatt sie anständig zu behandeln und an ihr Ziel zu bringen. Angesichts meiner Reisegefährten muss ich an dieser Stelle wohl kaum erwähnen, dass ein Großteil der Mannschaft diese Torheit mit dem nackten Leben bezahlen musste. Mir selbst gelang es während des hektischen Streits, eine Art Bombe zu finden und rechtzeitig über Bord zu werfen, so dass wir uns kurzzeitig im Besitz des alles in allem erbärmlichen Schiffes befanden.

Nun hat zwar anscheinend außer mir niemand Ahnung von der Seefahrt (Grégoire behauptet zwar, auf der Formidable gesegelt zu sein, aber dass erscheint mir angesichts seiner augenscheinlich nicht vorhandenen Kenntnisse der Navigation, des Segelns oder der Wetterkunde ein Schwindel zu sein), dennoch entbrannte schnell ein Streit darüber, wer denn nun Kapitän der paar morschen Planken sein sollte. Infantil! Gregor, der Grégoire in seinen Fähigkeiten noch weit unterbietet, riss sich darüber hinaus in blindem Egoismus die in schlechtem Zustand befindlichen nautischen Geräte des Kapitäns unter den Nagel und rückte sie seitdem nur äußerst ungern heraus. Man fragt sich, wie man ohne Kompass und Sextant bei dunstigem Wetter eine halbwegs passable Route finden und wie man diese mit nur einer Handvoll Landlubber auch umsetzen soll!?

Glücklicherweise führten uns Wind und See weit genug aufs Meer hinaus, um von Sea Dogs gesichtet und "aufgebracht" zu werden. Dies beendete erstens alle unglaublich überflüssigen Diskussionen – man hätte ebenso besprechen können, wer von uns von den anderen fortan als "mächtiger Herr der Syrne-Magie" angesprochen werden sollte! – entledigte uns zweitens der Sorge um das einzige Crewmitglied, welches von mir zum Leben überredet werden konnte und deshalb unter unserem Schutz stand und gab uns drittens die Chance auf gutes, avalonisches Essen und Ale! Mit dem Captain, Adrian Average ist sein Name, und der ihm unterstehenden Mannschaft der Brigg "Median" werden wir nun gegen Montaigne segeln. Wir werden am Strand abgesetzt und befreien Planchet, während vom Schiff aus im Rahmen eines Ablenkungsmanövers ein Bombardement der Küste und des Hauses vonstatten gehen soll. Dann endlich wird Planchet gerettet sein, wir werdem dem Admiral den Garaus machen und alles wird gut sein. In etwa zwei Stunden soll die Küste in Sicht kommen. Ich bereite mich mit gutem Speck auf die Erstürmung des Hauses vor.


Sprüche und Übersicht unserer Rollenspiel-Runden
Homepage Stefan Bohnsack, 2008