Neulich beim Rollenspiel

Wissenschaftliches Tagebuch von aiden Cottlestone, 13. Tertius 1668

Wir hatten also beschlossen, Jésus zu befreien. Obwohl er nach eigener Aussage geplant hatte, mit den Inquisitionsschergen gen Charouse zu reisen, erklärte sich auch Gregor mit dem Plan einverstanden. Immerhin konnte er vermeintlich gute Informationen zu unserem Rettungsplan beitragen indem er angab, das Gebäude der Schurken wieder zu erkennen. Dumm nur, dass es sich um den wohl bestbewachten Bau der Vaticinischen Stadt handelte. Wie sollten wir hineinkommen? Wie Jesús finden? Wir überlegten lange über diese Fragen. Sehr lange. Sehr, sehr lange.

Schließlich beschlossen wir, als Inquisitoren verkleidet die Inquisition zu infiltrieren und zu diesem Zwecke die Kleidung der Inquisitoren zu stehlen. Da sich dies im Stadtzentrum nicht umsetzen ließ – wäre es umsetzbar gewesen, hätten wir Jesús auch direkt befreien können – machten wir uns an den Stadtrand auf, wo wir eine der Nebenstellen auszurauben gedachten. Natürlich kam alles anders.

Ich hatte die prinzipiell gute Idee, pöbelnd vor dem Tore die Wachen in eine Gasse wegzulocken, wo Gregor und Grégoire sie sich hätten greifen können. Allein die Wachen wollten erstens nicht mitkommen, sich zweitens sowieso nicht auf einen Faustkampf einlassen und waren drittens viel mehr, als wir gedacht hätten. Was folgte, als sie uns zum Streite drängten, kann der geneigte Leser dieser Aufzeichnungen sich ausmalen: Gregor richtete ein fürchterliches Blutbad an; Grégoire scheint, seit er wieder in Castille ist, ebenfalls die kalte Lust am Töten erfasst zu haben und ich hatte alle Mühe, dem einen oder anderen Wachmann das Leben zu retten, indem ich ihn per Buckler ins Reich der (keuschen) Träume schickte. Schließlich legte Gregor in seiner Rage Feuer im Gebäude und Grégoire und ich schafften es mit knapper Not, vor dem Eintreffen berittener Kämpen die Kleidung zu stehlen und die Verwundeten aus dem Haus zu schaffen. Gregor nahm noch die Sturmglocke mit. Glorios war unser Plan aufgegangen.

Zurück beim Fahrenden Volk erfuhren wir von der kommenden Hinrichtung Jésus' und fassten den Entschluss, ihn just auf dem Vorplatz der Kathedrale, in unmittelbarer Nähe des Scheiterhaufens, seiner Freiheit zuzuführen! Dazu verkleideten wir uns, mischten uns unters Volk und warteten auf ein perfides Ablenkungsmanöver Jorens: Er sollte die erbeutete Glocke läuten und in die Luft schießen. Das tat er auch und sicher gut, allein es genügte nicht, um die Menge auf dem Platz in eine - für unsere Sache günstige – Panik zu versetzen.

Also nahm ich mir ein Herz, zielte einen Moment mit meiner Pistole und jagte dann eine Kugel der Wahrheit durch das Herz jenes Hasspredigers auf der Empore hinter dem Scheiterhaufen, der minutenlang das Volk ängstlich und die Inquisitionssoldaten rasend gemacht hatte. Theus sei seiner armen Seele gnädig! Durch den Schuss wurde erfreulicherweise eine Massenpanik ausgelöst, die Gregor, Grégoire und ich dazu nutzten, den Karren zu stürmen, auf dem Jésus im Büßerhemd Richtung Scheiterhaufen transportiert wurde.

Dann entbrannte ein schrecklicher Kampf zwischen uns, den Hellebardieren der Inquisition und einer großen Schar von Ritualwachen. Diese, mit altertümlichen Schilden ausgestatteten Schnitter erwiesen sich als zäh und grausam. Nur gut, dass ei9ne schreckliche Explosion einige von ihnen vom Karren riss. Diese Explosion, die nirgendwo anders ihren Ursprung hatte als unter eben der Empore, auf welcher der Hasspredigter wohl gerade sein Leben aushauchte wurde von niemand anders ausgelöst als…


Sprüche und Übersicht unserer Rollenspiel-Runden
Homepage Stefan Bohnsack, 2008