Neulich beim Rollenspiel

Wissenschaftliches Tagebuch von Aiden Cottlestone, 22. Tertius 1668

Nach endlosen Stunden und Tagen des Wartens lichten sich die Nebel um eine etwaige Verschwörung. Wir konnten durch unsere ebenso umfangreichen wie gefährlichen Beschattungen herausfinden, dass der reiche Don Godofredo de Alcantaras - wie Jéss sagt, kommt dieser wie er selbst aus Gallegos - der Geldgeber einer Gruppe von Unzufriedenen ist. Diese Unzufriedenen sind die eher unbedeutenden, aus dem Westen geflüchteten Adligen Don Naldo, Don Hernan und Don Dario sowie die bereits erwähnte Donna Engracia. Wenn also jemand eine Intrige gegen den König plant - und nach unseren Beobachtungen und nächtlichen Bespitzelungen ist dies zweiflesohne der Fall - dann gehören diese Personae sicherlich dazu. Weiterhin sind Capitano Severo von der Palastgarde sowie der oberste Kammerdiener Prospero in die Verschwörung involviert.

Nunja, richtigerweise müsste man zu Prospero eher "war" sagen, denn vor einigen Stunden kam Grégoire blutverschmiert in unsere Gemächer und berichtete, dass er Prospero zunächst zur Rede gestellt und dann - wie er es neuerdings anscheinend gerne tut - mit einem Holzscheit totgeschlagen hat. Er muss ordentlich zugehauen haben, denn neben seinen zahlreichen Stichwunden - die wiederum stammten vom Degen Prosperos - stellte ich im Rahmen meiner ärztlichen Diagnose auch eine Zerrung im rechten Oberarm fest, welche ich mit einem Gemisch aus Katzenfett und Nachtschattengewächsen behandelt habe. Der Gute wird bald wieder bei Kräften sein, nur der Geruch ist von Übel, er sollte diesen mit Duftwässserchen bekämpfen.

Das wird übrigens auch vonnöten sein, denn für den morgigen Tag ist hier am Hofe ein Ball angesagt, den wir natürlich nicht missen wollen. Insbesondere deshalb, weil neben dem toten Prospero auch eine zutiefst der Panik verfallene Dona Engracia unser Leben hier in Castille versüßt. In guter Landestradition hatten Jesús, Gregor und ich ihr als Inquisitoren verkleidet einen hübschen Besuch abgestattet. Nun hoffen wir, dass sich die Verschwörer, die sich bereits nicht mehr zusammen sehen lassen, unter Druck gesetzt fühlen und bereits am heutigen Abend versuchen, ihren schrecklichen aber eben noch nicht ausgereiften Plan in die Tat umzusetzen. Wr werden vorbereitet sein und sie ihrer gerechten Strafe zuführen.

Wenn es nach mir ginge, würde dies Kerkerhaft bedeuten, bei kargen Mahlzeiten! Wahrscheinlicher aber ist, das Grégoire und Gregor sie einfach alle niedermachen, bevor dem Gesetz (das soll hier in Castille zwar nicht von höchster, aber doch von einiger Bedeutung sein) Genüge getan werden kann.

Bevor ich vergesse, es zu erwähnen: Lydia geht es gut, sie amüsiert sich in den Räumen der Aldana-Familie. Dort zumindest weiß ich sie gut beschützt. Selbiges lässt sich von meinem "Schwurbruder" Sébastien leider nicht behaupten: Eine üble Krankheit setzt ihn seit Tagen außer Gefecht. Falls es sich um die weiße Pest handeln sollte (ich bin mir noch nicht sicher) würde ich der erste Mediziner sein, der ein Opfer vom Zustand der völligen Gesundheit bis zum Tode betreut und begleitet. Das würde mich außerordentlich freuen! Das soll Farnsworth dann erstmal nachmachen.

Jetzt geht es in die gute Hofkleidung. Trägt man zum blauen Gehrock schwarze oder braune Stiefel?


Sprüche und Übersicht unserer Rollenspiel-Runden
Homepage Stefan Bohnsack, 2008