Neulich beim Rollenspiel

Tagebuch von Gregor Kladnov Igorov, 5. bis 10. Secundus 1668

Liebes Tagebuch,

ich finde leider erst jetzt Zeit, die vergangenen sechs Tage aufzuarbeiten. Mitten in der Nacht, nachdem wir Claire gerettet haben und die ansehnlichen 1000 Sol zurückerobert hatten, mußten wir feststellen, daß dem Comte ein widernatürliches Hexerartefakt entwendet wurde. Er eröffnete uns, daß es die Macht besitzt, Briefe ohne Zeitverzögerung zu einem Partnerkästchen zu befördern. Das zweite Kästchen befindet sich auf einem Schmugglerschiff vor der Küste.

Der Comte de la Roque sowie ein Händler namens Pétard aus Crieux schmuggeln angeblich Lebensmittel und Arzneimittel nach Castillien, um die leidende Zivilbevölkerung und Soldaten zu versorgen. Darauf gab er sein Ehrenwort. Was das Wert ist, schert mich ehrlich gesagt wenig, jedoch bietet sich mir so die Gelegenheit, Charouse zu verlassen. Eine kleine Reise, weg von dem stinkenden Moloch des Kaiserhofs wird mir sicherlich gut tun.

So zeigte ich mich großmütig und versprach dem Comte, Pétrad zu warnen. So brachen wir noch in dieser Nacht auf, gut proviantiert, genug Schinken im Gepäck. Auf mein Drängen legten wir nur kurze Pausen ein und schafften es bis zum Ende des vierten Tages bis in Reichweite Crieux'.

Die Reise verlief relativ langweilig. Grégoire, diesem Dorfpolizisten, schien an fast jeder Weggabelung ein neues schlechtes Gedicht einzufallen. Nach zwei Tagen hätte ich ihn gerne mit dem Schinken niedergestreckt.

Die pittoreske dörfliche Idylle Montaignes bereitet mir einen kaum zu beschreibenden Kotzreiz. Kein wald, viel zu warm und weit und breit kein Bär.

Am letzten Rastpunkt, dem Gasthaus L'Ancre de Crieux, kehrten wir am 9. Secundus ein. Wir bestellten uns Essen und ein wenig Traubensaft, da es diese froschfressenden Maulhelden aus Montaigne nicht schaffen, einen anständigen Getreideschnaps zu brennen. Aiden und ich wählten einen netten Tisch abseits der Masse, wohingegen Grégoire es vorzog, im Würfelspiel zu verlieren.

Doch dann, möge ihn der Blitz beim Scheißen treffen, begann sein Unglück. Wenn ich nicht in der Lage bin, einem Weibsbild Herr zu werden, sollte ich die Finger von ihr lassen. Doch der Herr Montparnasse war wohl auf ein schnelles Abenteuer aus. Cosette, der blonde Racheengel, wickelte ihn um den Finger und machte ihn sich gefügig.

Aus unerfindlichem Grund begann dann das Hauen und Stechen, und Cosette zeigte ihm seine eigene Unfähigkeit im Duell auf. Kurz vor dem Todesstoß mußten Aiden und ich eingreifen. Wie sich zeigte, gehörten die kartenspielenden Soldaten zu Cosette. Die wurden prompt auf mich gehetzt, doch ich halbierte sie sowohl in der Zahl als auch körperlich.

Aiden hielt Cosette gut beschäftigt und gewann nach und nach die Oberhand. So ganz ohne scheint er nicht zu sein. Zumindest steckt er den Mantel-und-Degen-Helden locker in die Tasche. Cosette konnte verwundet fliehen und wir organisierten uns zur Verfolgung eine Kutsche, da Grégoire nicht mehr fähig war zu reiten. Es verwundert mich in keinster Weise, das es die montaignischen Invasoren schaffen, nicht das kleinste ussurische Bauerndorf einzunehmen, wo doch jede anständige 70-jährige Babushka eine ganze Kompanie von denen zeraxen könnte.

Crieux entpuppte sich als große Hafenstadt mit einem viel zu hohen Anteil an Soldaten. Grégoire berichtete uns, das Pétard noch an diesem Tag zur Mittagsstunde gehenkt werden würde. Also ist der Schmugglerring aufgeflogen und wir sitzen tief in montaignischer Scheiße.

Unser Musketierchen ist zum Arzt, während Aiden und ich die Rettung Pétards in die Hand nahmen. Als wir drei wieder vereint waren, begaben wir uns auf das Dach des Nachbarhauses des Admiralitätsgebäudes, wo Pétard im Kerker saß. Von oben rein, unten raus. Der Weg eines jeden guten Essens.

Ich hüpfte auf das Dach unseres Ziels, Aiden balancierte halbwegs sicher herüber, doch der Dichterfürst patzte mal wiedergrandios. Er stürzte brüllend ab und zog die Blicke der Wachen auf uns. Zu seinem Glück schmetterte er durch ein Fenster ins Gebäude und war vor weiteren Schüssen sicher.

Aiden und ich stiegen durchs Dach auf den Dachboden und stießen versehentlich einige Kerzen um, was uns leider noch häufiger passieren sollte. In den Uniformen montaignischer Hauptleute bahnten wir uns den Weg nach unten und gelangten bis zur Zelle von Pétard. Die beiden Wachen wurden unschädlich gemacht, Pétard befreit und ein Zugang zur Kanalisation gesucht.

Es gab an der Kerkertür noch ein kurzes Schußgefecht mit Cosette, fünf Soldaten und uns, bei der Grégoire wieder schwer verwundet wurde. Nun konnten wir wenigstens ausmachen, das Cosette im Bunde mit dem Admiral oder anderen Hundsfotten in der Armee steckt. Mit Pétards Hilf gelang es uns, die Verfolger in der Jauche abzuhängen und vor den Toren der Stadt ins Freie zu gelangen...


Sprüche und Übersicht unserer Rollenspiel-Runden
Homepage Stefan Bohnsack, 2008