Neulich beim Rollenspiel

Tagebuch von Gregor Kladnov Igorov, 10. bis 14. Secundus 1668

Liebes Tagebuch,

die Tage die hinter mir liegen waren anstrengend. Momentan liege ich auf dem Sonnendeck eines Schmugglerschiffs und lasse die vergangene Zeit Revue passieren.

Wir lagen also in dem Wäldchen vor den Toren Crieux' und hatten außer den Sachen die wir am Leibe trugen nichts mehr in den Händen. Grégoire war schwer verletzt, er blutete wie ein Schwein, Pétard stand sichtlich unter Schock, und nur Aiden und ich hatten noch einen klaren Kopf. Wir mußten zurück in die Stadt zu Planchet, unsere Reisenecessaire holen. Mit verdreckten montaignischen Offiziersröcken und ohne Vorräte ist schlecht Borscht essen.

Also machten Aiden und ich uns auf zurück in die Kanalisation um Planchet zu organisieren. Dort unten wimmelte es zwar von wachen, aber wir gelangten doch zum Gasthaus, wo wir uns neu einkleideten und Planchet den Auftrag gaben, sich vor der Stadt mit uns zu treffen. Auf dem Rückweg mußte ich noch vier Soldaten und ihren Leutnant axten, aber sie wollten uns halt einfach nicht glauben, das wir nur Ratten jagen.

Zurück beim Wäldchen mahnte uns Pétard, uns zu beeilen und so ging es mit unserer requirierten Kutsche gen Küste, zum Rendezvous mit dem Schmugglerschiff. Den fiebrigen und eitrigen Gestank Grégoires konnte ich entgehen, da ich auf meinem Pferd ritt. Man fragt sich manchmal doch, was beim Herrn Montparnasse zuerst da war, das Fieber oder der Wahn.

Deutlich vor dem berechneten Zeitpunkt erreichten wir den Strand, und so nahm ich mir anderthalb Stunden Schlaf, denn man weiß ja nie was kommt. In unserem Fall das Schmugglerschiff. Pétard signalisierte dem Kahn mit einer Laterne und mehrere Beiboote kamen, um uns und Grégoires Handtasche an Bord zu nehmen. Unter den Neuankömmlingen war auch Kapitän Isabelle, knackiger Arsch, Ähnlichkeiten mit Frau Blaß und einer wettergegerbten Visage. Und Jésus war auch an Bord, ein Sendbote des Comte de la Roque.

Doch statt uns auf das vermaledeite Schiff zu nehmen, ging es postwendend zurück nach Crieux um Kistenweise Schmugglerware an Bord zu holen. Wir schlichen also wieder durch die Abwasserkanäle, nur unwesentlich sauberer als Crieux selbst, und erreichten das Lagerhaus ohne Zwischenfälle. Verwunderlich war, das wir auch den Rückweg, voll beladen, störungsfrei bewältigten.

Sofort witterten wir eine Falle, doch diese wurde erst auf See ausgelöst. In den Kisten befand sich scheinbar wirklich nur Verbandsmaterial, doch trauen werde ich diesen montaignischen Aggressoren dennoch nie. Kurz nach dem Übersetzen auf dieses Holzmonster mit Segeln machte ich meinen Frieden mit der Seefahrt. Ein Vorzug des Lebens auf See ist ein recht amtlicher Schnaps, Rum genannt. Er kommt zwar nicht an einen ordentlichen Vodka heran, doch blendet er vortrefflich das großkotzige Gestammel Grégoires aus, der scheinbar schon mal einige Wochen auf See verbracht hat.

Aiden zeigte auch einige Fachkenntnis, ebenso wie Jésus, wobei dieser mir ein Rätsel bleibt. Er scheint mir das castillische Gegenstück zu Stanislaw Zorrowski, dem berüchtigten Wegräuber, zu sein. Ich bin da mal sehr gespannt.

Kapitän Isabelle zeigte uns ihre Schatulle, Holz mit Metall beschlagen. Nicht gerade die Sorte von Artefakt bei der ich sagen würde: Ja, das ist imposant. Aiden jedoch begann rhythmisch zu zucken und nur vereinte Kräfte konnten verhindern, das er Hand an sich legte.

Unser Freund, der böse Porté-Magier, hatte dann für mich noch ein Schmankerl zur Nacht. Er hatte eine der Verbandskisten mit seinem abnormalen Hexerblut besudelt und schickte uns auf diesem Weg einen schwarzen bekloppten Wolfs aufs Schiff. Dieser schmeckte dann auch gleich eine Prise ussurischen Stahls und er ging sabbernd und jaulend Heim zu seinen Ahnen.

Am nächsten Morgen stellte ich zu meiner Freude fest, daß Admiral Pélletier uns mit seinem Flaggschiff auf den Fersen war. Nachdem man mein Ramm-und-Enter-Manöver aus Feigheit abgelehnt hatte, suchte Isabelle ihr Heil in der Flucht. Erst als ich sie darauf hinwies, man könne ja unnötigen Ballast über Bord werfen, wurden wir schnell genug um zu fliehen. Leider blieb Grégoire an Bord, doch noch ist nicht aller Tage abend. Wir entkamen also dieser vortrefflichen falle, doch schlauer sind wir dadurch nicht geworden.

Morgen machen wir in der Nähe von Montparnasse den Landfall, um nach Charouse und dem Comte zurückzukehren. Vielleicht lerne ich dann die Familie des debilen Grégoire kennen, ich stelle sie mir als menschgewordenes Pendant zum schwarzen Wolf vor.

Hiermit schließt die Geschichte für heute, denn ich muß in die Kombüse, Pökelfleisch essen.


Sprüche und Übersicht unserer Rollenspiel-Runden
Homepage Stefan Bohnsack, 2008