Neulich beim Rollenspiel

Tagebuch von Gregor Kladnov Igorov, 15. bis 17. Secundus 1668

Liebes Tagebuch,

einige spannende und ereignisreiche Tage liegen hinter uns. Wir lagern gerade in einem Wäldchen vor den Toren von Vergogne und können uns stolz darauf berufen, innerhalb weniger Tage zu den meistgesuchten Personen Montaignes geworden zu sein. So etwas nenne ich steile Karriere. Wobei ich einigermaßen stolz darauf bin, mir meine Meriten durch die Köpfe meiner Feinde zu verdienen.

Wir landeten am frühen abend nahe des verfallenen Herrenhauses von Valmont Montparnasse. Es lag erhaben auf den Klippen hoch über der Küste, dem rauhen Wetter schutzlos ausgeliefert. Genug von dieser emotionalen Augenwischerei. Die Hütte war Schrott. Selbst wenn ich nicht wüßte, daß Grégoire in diesem Sündenpfuhl aufgewachsen ist, wäre diese Baracke keine 5 Pistolen wert. Er verbot uns sogar die spärlichen Reste des Mobiliars zu verfeuern, und so brachen wir nach kurzer Rast nach Villeroy auf, Pferde stehlen.

Regen und Dunkelheit, ich glaube, nur so läßt sich Montaigne aushalten. Nach ein paar Stunden Fußmarsch erreichten wir eine Station des kaiserlichen Postkutschendienstes. Während Jésus, Aiden und Grégoire noch wild diskutierten, klaute ich mir einen der räudigen Kutschenklepper. Die anderen waren bass erstaunt, doch folgten sie zögerlich meinem Beispiel. Dabei erfuhren wir auch ganz nebenbei, daß Grégoire vom Marquis de Villeroy gesucht wurde. Er reitet uns immer, aber auch wirklich immer, in die Scheiße.

So ritten wir weiter gen Charouse, des nachts noch auf dem Weg, tagsüber auf Waldwegen. Angeblich sollte aus dieser Gegend die beste montaignische Reiterei kommen, wobei ich stark anzweifle, das selbst die beste Reiterei aus diesem Lotterstaat es mit einem ussurischen Kartoffelbauern mit Ochsenkarren aufnehmen könnte.

Gegen abend des Feiertags erreichten wir Bastonne, eine Garnisonsstadt, häßlich, aber zweckdienlich. Grégoire ließen wir vor den Stadttoren zurück, als gesuchter Mann sicherlich die beste Alternative. Außerdem ersparte ich mir für den Abend seine Anwesenheit. Wir mieteten uns in die Postkutschenstation für Kost und Logis ein und beschlossen, uns noch ein wenig in der Stadt umzuschauen. Wir betraten die erste Soldatenspelunke und ich entfesselte gleich ein Feuerwerk der guten Laune. Aiden fand einen Vendel als Gesprächspartner und ich viele Freunde für eine Nacht.

Nachdem ich die nächste Kneipe mit meinen neuen Freunden komplett verwüstet hatte, wurde es Zeit für mich, zur Kutschenstation zu wanken. Doch eiderdaus, was sehe ich da. Eine Gestalt, die sich aus dem Wirtshaus, in dem Aiden und Jésus sitzen, abseilt, mit einem Paket unter dem Arm. Sie flüchtet, ich gehe in den gefürchteten Bärengalopp über. Sie kann mir nicht entkommen. Um die Ecke, um noch eine und dann, ich habe sie fast eingeholt... Bumm, explodiert eine Granate. Was für ein hinterhältiger Angriff. Da wußte ich, die Axt ist das Werkzeug der Stunde. Hinter der Ecke wurde ich gewahr, das die Gestalt weiblichen Ursprungs war und gerade den Vendel niedergestochen hatte. Kein großer Verlust, doch langsam lerne ich zu viele anonyme Frauen kennen.

Das behagt mir nicht, deswegen auf sie mit Ula-Ula. Sie zieht eine Pistole, hält sie in die Luft, drückt ab und siehe da, ein Seil schießt in die Luft, die Frau hinterher und meine Axt auch gleich hinterher. Es wundert mich nicht sonderlich, das ich das Seil traf. Die Frau landete unsanft auf ihrem Arsch und ließ das Paket fallen und gab Hackengas. Da ich mir angewöhnt habe, Frauen nicht hinterher zu laufen, ließ ich sie ziehen, nahm meine Lektüre und ging ohne Umschweife zur Postkutschenstation.

Aiden machte ein Gesicht wie verdorbener Boscht, als ich mit dem Buch ins Zimmer kam. Dabei handelte es sich nur um eine Reiseschmonzette eines Reisenden aus Eisen. Aiden faselte etwas von Artefakten, zumindest jedoch gewöhnt er sich langsam ussurische Schinkentrennkost an. Er ist mir sympathisch.

Am nächsten Morgen reisten wir mit der Kutsche gen Vergogne weiter. Grégoire stieg deutlich nach Bastonne zu und wurde prompt vom Kutscher als der gesuchte Verbrecher erkannt. Der Rest der Reise verlief etwas turbulenter und alle Einzelheiten sind mir nicht mehr im Gedächtnis. Quintessenz des Ganzen: Grégoire war schuld.

Wir leisteten uns mit ungefähr 50 montaignischen Reitern eine verfolgungsjagd durch Vergogne. Grégoire, Aiden und Planchet kamen nur knapp mit dem Leben davon. Aiden mußte ich persönlich retten. Jésus ist mir auch sympathisch, er wußte sich gut zu helfen und bewahrte einen kühlen Kopf. Wir verließen im Schutz der Dunkelheit die Stadt, unsere Wundenv ersorgt, und harren der Dinge, die da kommen. Vielleicht reisen wir nach Eisen, keine schlechte Idee, da ich so meiner Heimat bedenklich näher komme.


Sprüche und Übersicht unserer Rollenspiel-Runden
Homepage Stefan Bohnsack, 2008